Hinter dem VfL Osnabrück liegen mit dem Abstieg in die 3. Liga im Sommer 2024 und dem nur knapp erreichten Klassenerhalt in der vergangenen Spielzeit zwei sehr herausfordernde Jahre. Die Gründe für diese negative Entwicklung wurden innerhalb der Organisation sowie mit den Gremienvertretern in den letzten Monaten und Wochen intensiv und mitunter kontrovers diskutiert, analysiert und vor allem ergebnisoffen aufgearbeitet. Am Ende dieses Prozesses wurden nun die notwendigen Konsequenzen beschlossen. Im Ergebnis steht eine strukturelle Neuausrichtung, vor allem der Aufbau- und Ablauforganisation im Bereich Fußball, die auch Konsequenzen für den administrativen Bereich hat, die Dr. Michael Welling als gesamtverantwortlicher Geschäftsführer umsetzen wird. Der Vertrag mit dem 53-Jährigen wurde in diesem Zuge vorzeitig und langfristig verlängert.

Beiratsvorsitzender Holger Elixmann erklärt dazu: „Zur schonungslosen Analyse gehörte auch die Erkenntnis, dass wir von der Einzelverantwortung im sportlichen Bereich abkehren und zukünftig auf einen gesamtverantwortlichen Geschäftsführer setzen, der die Verantwortung für den Fußball auf mehrere Schultern verschiedener Experten verteilt. Wir versprechen uns davon eine klare Führungs- und Entscheidungsstruktur und wir sind davon überzeugt, dass Michael Welling, der seit Winter den sportlichen Verantwortungsbereich vollumfänglich und erfolgreich geführt hat, der richtige Mann ist, um die gemeinsam mit ihm ausgearbeitete Struktur zukünftig weiter mit Leben zu füllen. Unser aller gemeinsames Ziel ist es dabei, den VfL zusammen mit allen Mitarbeitenden auf die Erfolgsspur zurückzuführen. Deshalb freuen wir uns, dass wir nach erfolgtem Klassenerhalt die letzten offenen Details klären und die bereits vor ein paar Wochen avisierte Vertragsverlängerung planmäßig realisieren konnten. Auch mit Blick auf die Zeitdauer der vor uns liegenden Infrastrukturprojekte haben wir uns auf eine langfristige Zusammenarbeit verständigt.“

Stefan Muhle ergänzt als Vorsitzender des Aufsichtsrates: „Im Dezember des letzten Jahres haben wir in den absoluten Krisenmodus schalten müssen und sind als Gremien noch enger als ohnehin und formal vorgegeben zusammengerückt. Die gewonnenen Erkenntnisse beruhen auf einer tiefen und sehr ehrlichen Analyse einer miserablen Saison, in der wir mit einem blauen Auge davongekommen sind. In der Schlussfolgerung haben wir gemeinsam eine Struktur entwickelt, in der zukünftig insbesondere bei Entscheidungen im Fußball ein Mehraugenprinzip gelten und in der verschiedene Experten-Teams gemeinsam miteinander wirken. Die damit einhergehende noch engere Verzahnung zwischen Administration und Fußball sowie auch innerhalb des Fußballs selbst ist Teil eines notwendigen Kulturwandels. Für diese Herausforderungen ist aus Überzeugung der Gremien Michael Welling die ideale Besetzung als Geschäftsführer.“

Das durch den radikalen personellen Einschnitt im Dezember 2024 entstandene Vakuum im sportlichen Bereich wurde zunächst durch die Einrichtung eines Krisenstabes überbrückt. Dieser kümmerte sich unter anderem um die Transferaktivitäten in der Winterpause und ist auch mit Blick auf die bevorstehende Saison bereits aktiv. Die Handlungsfähigkeit ist sichergestellt, neben den Youngstern aus dem eigenen Nachwuchs, der auch zukünftig ein sehr wesentlicher Baustein der gesamten Fußballstrategie sein wird, und den zurückkehrenden Leihspielern sind bereits vier externe Neuzugänge unter Vertrag genommen worden. Ergänzt wurde der Krisenstab durch eine mit Gremienmitgliedern sowie weiteren Experten bestückte Task-Force, die als Informationsschnittstelle zu den Gremien fungierte und zugleich als Sparringspartner für Entscheidungen diente.

„Diese Übergangsstruktur und personelle Ausrichtung war für den akuten Krisenmodus geeignet und hat sich bewährt. Zukünftig werden wir jedoch in einer neuen Struktur arbeiten, die wir in den vergangenen Monaten entwickelt haben. Ausgangspunkt war dabei eine inhaltliche Analyse vor allem des sportlichen Bereichs, waren Benchmarking-Prozesse unterstützt von Marktbeobachtern und die Festlegung einiger wichtiger strategischer Eckpfeiler für die zukünftige Fußballstrategie. Auf dieser Grundlage haben wir eine neue Aufbauorganisation erarbeitet und sind aktuell dabei, die weiteren personellen Fragen zu klären und sind äußerst zuversichtlich, hier schon in den nächsten Tagen berichten zu können. Ich freue mich darauf diesen Prozess auch zukünftig als Geschäftsführer verantworten zu dürfen und danke den Gremien für die Gespräche in den letzten Wochen, aber insbesondere auch für das in mich gesetzte Vertrauen“, erklärt Michael Welling, der seit 2021 das Amt des Geschäftsführers in unterschiedlichen strukturellen und personellen Konstellationen beim VfL bekleidet.

Neben der engeren Verzahnung zwischen Administration und Fußball bedeutet die Neuausrichtung im sportlichen Bereich vor allem die Aufhebung der inhaltlichen und organisatorischen Trennung zwischen Nachwuchs- und Lizenzbereich. Drei Direktoren tragen zukünftig die Verantwortung: Alexander Ukrow wird nicht mehr als Direktor Nachwuchsfußball, sondern als Direktor Entwicklung für die Teams und Trainer von der U11 bis zur U17 sowie die Koordination des Übergangsbereiches verantwortlich sein. Für die U19, ebenso für den Übergangsbereich sowie die aktuelle Lizenzmannschaft samt Trainerteam zeichnet zukünftig der Direktor Fußball inhaltlich und personell verantwortlich. Komplettiert wird das Team vom Technischen Direktor, der neben dem Scouting, die Kaderstrategie, den Bereich Performance (Physiotherapie, Rehabilitation, Athletik und Medizin) sowie die datenbasierte Spiel- und Spieleranalyse und organisatorische Themen inklusive der pädagogischen und psychologischen Unterstützung von Mannschaften, Spielern und Trainern verantwortet. Insgesamt werden sämtliche Funktions- und Kompetenzbereiche nicht mehr zwischen NLZ und Profis getrennt, sondern für den gesamten Klub durchgängig gesteuert. Dadurch werden Synergien gehoben und wird die ganzheitliche Umsetzung von Spielidee, Kultur und Arbeitsweisen gesichert.

Die zukünftige Kaderplanung erfolgt nach dem Mehraugenprinzip. Im Kern arbeiten hier der Technische Direktor und der Direktor Fußball eng zusammen und entscheiden mit dem Geschäftsführer sowie bei direkten Konsequenzen für den Lizenzbereich mit dem Cheftrainer oder bei Nachwuchsspielern mit dem Direktor Entwicklung.

Michael Welling erklärt: „Damit folgen wir den Grundgedanken unserer entwickelten Fußballstrategie, in der die Ausbildung, Entwicklung und Weiterentwicklung von Fußballspielern, die Erzielung von Transfererlösen, zugleich aber auch der Fokus auf die langfristige Vision und kurzfristigen sportlichen Erfolg die Eckpfeiler darstellen. Der Direktor Entwicklung riecht nach Pädagogik und Schulbank, wobei wir mit Alexander Ukrow als ehemaligen Profifußballer und ausgebildeten Lehrer optimal aufgestellt sind, der sich zukünftig noch stärker auf seine sportlichen Kernkompetenzen fokussieren wird. Der Direktor Fußball riecht – um im Bild zu bleiben – nach Kabine und Fußballplatz und wird direkte Verantwortung für die U19 Trainer und Spieler, den Übergangsbereich bzw. die Perspektivspieler sowie Trainer und Spieler der Lizenzmannschaft haben und deren tägliche Arbeit eng begleiten. Der Technische Direktor hingegen riecht nach Universität und Wissenschaft und soll einen evidenz- und datenbasierten Background und Ansatz mitbringen. „Qualität statt Geld“ und „Daten statt nur Bauchgefühl“ sind hier die Prinzipien, die vor allem auch darauf beruhen, dass wir neben dem Platz herausragende Mitarbeitende finden, entwickeln und an uns binden, was uns in vielen Teilen bereits in der Vergangenheit gelungen ist. Um die neu geschaffenen und somit vakanten Positionen zu besetzen, befinden wir uns hier teilweise auf der Zielgeraden der Gespräche, so dass wir die ersten beschriebenen Funktionen sehr bald schon mit Personen besetzt haben. Alle Gedanken zur Spielidee, Spielerzugängen und auch das Profil des zukünftigen Cheftrainers werden dabei bereits jetzt mit den Kandidaten gespiegelt.“

Die engere Verzahnung zwischen Administration und Fußball wird organisatorisch durch die Geschäftsleitung repräsentiert, die sich aus Geschäftsführer Dr. Michael Welling, dem Prokuristen für den kaufmännischen Bereich Markus Dörenkämper sowie zukünftig dem Direktor Fußball und dem Technischem Direktor zusammensetzt. Die neue Aufbauorganisation tritt mit offiziellem Saisonstart am 01. Juli in Kraft.


Text: Sebastian Rüther
Fotos: osnapix, Jonas Jürgens