Ein heißer Sommertag im Mai. Eine mit 15.781 Zuschauern ausverkaufte Bremer Brücke – sogar der eigentliche Gästeblock ist beim Brückentag gegen die U23 von Borussia Dortmund mit Fans des VfL besetzt. Um 13:30 Uhr wird der letzte Spieltag der Drittligasaison 2022/23 angepfiffen – und in der Nachspielzeit entschieden!

Rückblick: Der SV Elversberg ist Tabellenführer der 3. Liga, ist bereits aufgestiegen. Dahinter steht der SC Freiburg, der als zweite Mannschaft für die Tabelle keine Bedeutung hat. Also belegen die Osnabrücker praktisch den 2. Tabellenplatz, der zum direkten Aufstieg in die 2. Bundesliga berechtigt. Punktgleich dahinter steht der SV Wehen Wiesbaden, nur ein Tor liegt zwischen beiden Mannschaften und zwischen direktem Aufstieg und Relegation. Mit jeweils einem Punkt weniger lauern der 1. FC Saarbrücken und Dynamo Dresden auf Ausrutscher. Eine spannendere Ausgangslage vor einem letzten Spieltag ist kaum vorstellbar.

Der VfL hat es, abgesehen vom Torverhältnis, selbst in der Hand, an diesem 27. Mai aufzusteigen, mindestens aber die Relegation zu erreichen. Noch im Winter, kurz nach der Verpflichtung von Tobias Schweinsteiger befanden sich die Lila-Weißen in der abstiegsbedrohten Zone. Wahnsinn.

In der 48. Minute trifft Justin Njinmah für den BVB. Zerstört der Youngster die Osnabrücker Träume? Alles sieht danach aus. Die offizielle Spielzeit ist abgelaufen. Der Blick auf die Blitztabelle: Der VfL steht trotz der zuvor besten Ausgangslage mit komplett leeren Händen da – kein Aufstieg, keine Relegation, nicht einmal die Teilnahme am DFB-Pokal ist gesichert.

Vierte Minute der Nachspielzeit, Ba-Muaka Simakala, Ballannahme mit der Brust, Schuss aus der Drehung – 1:1! Das Stadion steht. Blick auf die Blitztabelle: Es ist weiterhin nichts gewonnen! Jannes Wulff setzt eine Direktabnahme über die Querlatte – das gibt es doch nicht. So nah dran und doch so weit weg vom Aufstieg in die 2. Bundesliga. Der Fußball definiert an diesem Tag „do or die“ völlig neu.

Zum Verzweifelen! Denkt sich auch Tobias Schweinsteiger

Abpfiff auf den anderen Plätzen. Platzsturm in Wehen. In Osnabrück wird noch gespielt. In Osnabrück wird an das Wunder geglaubt. Die Brücke kann das. Die Fans können das. Die Mannschaft kann das. Es muss passieren, hier und heute. Die sechste Minute der Nachspielzeit. Langer Ball von Maxwell Gyamfi, Pingpong im Dortmunder Strafraum, Wulff kommt an den Ball, legt ihn sich auf den linken Schlappen und trifft ins lange Eck! Aufstieg! Fußballwunder! 90 plus 6!

Heute vor 90 plus 6 Tagen haben wir alle gemeinsam diesen unfassbaren Fußballwahnsinn er- und durchlebt. Wir sagen Danke! Danke an alle, die daran mitgewirkt haben. Die Fans. Die Mannschaft und das Funktionsteam. Die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle und des Nachwuchsleistungszentrums. Die Mitarbeitenden an den Brückentagen. Die Gremienmitglieder. Die Aktionäre. Die Brückenpfeiler. Die Unterstützer. Das Fanprojekt. Die Ehrenamtlichen. Die Partner und Sponsoren. Die Stadt, der Landkreis, die Region, das Lila Land.

Euch allen gehört: www.vfl.de/90plus6

  • Highlight-Video von Maganta Sport
  • Bildergalerie
  • Fahrstuhlvideo „long version“ mit Danksagung
www.vfl.de/90plus6

Text: Sebastian Rüther
Fotos: osnapix