Am 28. April 2007 feierte der SV Wehen den bis dahin größten Erfolg seiner Vereinsgeschichte. Mit einer Mannschaft ohne Stars und zwei Trainern ohne Fußballlehrerschein enterten die Hessen die 2. Bundesliga. Das gelang in diesem Jahr auch der hochkarätig besetzten, von Ralf Rangnick trainierten TSG Hoffenheim, die sich allerdings mit sechs Punkten Rückstand und Platz 2 begnügen musste.

Fünf Spieltage vor Saisonende war es bereits soweit: Matias Esteban Cenci und Veselin Popovic erzielten die beiden entscheidenden Treffer beim FK Pirmasens, die dem SV Wehen nicht nur den siebten Auswärtssieg, sondern auch den Aufstieg in die 2. Liga bescherten. Selbst von den eigenen Fans blieb der grandiose Erfolg weitgehend unbemerkt: Nur rund 100 Anhänger hatten die Mannschaft nach Pirmasens begleitet – ihrem Transparent konnte nun aber niemand mehr widersprechen. „Wir sind der geilste Dorfverein“.

Der Aufstieg der Hessen begann fast drei Jahrzehnte früher. Seinerzeit kickte der SV Wehen aus dem beschaulichen Taunusstein in der A-Klasse Wiesbaden. Das wäre wohl auch noch lange so geblieben, wenn der Unternehmer Heinz Hankammer (1931-2016) nicht beschlossen hätte, sehr viel Zeit, jede Menge Arbeit und mehrere Millionen in sein Lieblingsprojekt zu investieren. Hankammer begann seine Vereinskarriere als Vergnügungsausschussvorsitzender und beendete sie als Ehrenpräsident, während der SV Wehen von Erfolg zu Erfolg eilte. 1994 gelang den Hessen der Aufstieg in die Regionalliga Süd, die – von zwei Spielzeiten abgesehen – bis 2007 ihre sportliche Heimat blieb.

Aufsteigen mit dem VfL

Dann folgte die große Sensation, die selbst erfahrene Sportjournalisten verblüffte. „Ein Team der Namenlosen aus einem Taunusdorf steigt ohne richtigen Trainer mit Rekordvorsprung in die 2. Liga auf“, staunte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ im Mai 2007. Auch Hoffenheim gelang in diesem Sommer der Sprung ins Fußball-Unterhaus, während in der Regionalliga Nord St. Pauli und Osnabrück den Aufstieg perfekt machen.
Tatsächlich hatten Chefcoach Christian Hock und sein Co Steffen Vogler keinen Fußballlehrerschein und aus dem damaligen Kader kennen die meisten Beobachter wohl nur noch den bis heute torhungrigen Ronny König (FSV Zwickau), den zum Trainer umgeschulten Sandro Schwarz (zuletzt Mainz 05) oder den damals 21-jährigen Dominik Stroh-Engel (Unterhaching).
Doch der Aufstieg der heimstarken, disziplinierten und spielfreudigen Hessen war hochverdient. Im eigenen Stadion verlor man nur eine einzige Partie, außerdem kassierte Wehen gerade einmal 25 Gegentore und traf selbst 58 Mal ins Schwarze.

9 x mehr Zuschauer

Nachdem sich zu Regionalliga-Zeiten nur rund 1.000 Fans auf den Halberg verirrt hatten, wurde der Zuschauerschnitt durch den Aufstieg glatt verneunfacht. Der Verein trat nun als SV Wehen Wiesbaden in der Brita-Arena an und erlebte ein begeisterndes erstes Jahr im Fußball-Unterhaus. Zwar musste man den Durchmarschierern aus Hoffenheim (2) diesmal den Vortritt lassen, belegte am Ende aber einen beachtlichen achten Tabellenplatz und rangierte damit vor den beiden Nord-Aufsteiger FC St. Pauli (9) und VfL Osnabrück (12).
Ein Jahr später standen dann allerdings nur fünf Saisonsiege zu Buche. Es ging zurück in die 3. Liga, wo der SV Wehen Wiesbaden die nächsten zehn Jahre verbrachte. Dann gelang erneut der Aufstieg in die 2. Bundesliga – und die Lila-Weißen waren auch diesmal mit von der Partie.

Autor: Thorsten Stegemann
Bilder: Hessische Aufstiegsfreude – Ein herzlicher Dank für das Bildmaterial geht an den SV Wehen Wiesbaden.