In den 50er und 60er Jahren war Dynamo Dresden eine klassische Fahrstuhlmannschaft, die in der DDR zwischenzeitlich bis in die viertklassige Bezirksliga durchgereicht wurde. Doch 1969 wendete sich das Blatt. Mit der Verpflichtung von Walter Fritzsch stieg Dynamo zu einem der erfolgreichsten DDR-Vereine auf, der auch weit über die Landesgrenzen hinaus für Furore sorgte.

Dabei war die Verpflichtung des 1920 in Planitz geborenen Übungsleiters nicht unumstritten. Fritzsch hatte in Aue, Chemnitz, Rostock oder Riesa zwar erfolgreich gearbeitet, galt aber als streng und unnachgiebig. Vor allem mit den „sogenannten Stars, die sich einbilden, sie wären etwas Besseres, sie brauchten deshalb weniger zu machen“, geriet er immer wieder aneinander, wie er dem Journalisten Gottfried Weise später verriet. Darauf habe er allerdings nie Rücksicht genommen und deshalb auch mit Nationalspielern häufig Ärger gehabt.

Seine herrische Art fußte auf einer Körpergröße von 1,64 m, was ihm den Spitznamen „Kleiner General“ eintrug. Doch davon ließ sich Fritzsch ebenso wenig beirren wie von spöttischen Bemerkungen über sein fehlendes Trainerdiplom. Er verordnete Dynamo eine offensive, ballorientierte Spielweise, die als „Dresdner Kreisel“ in die Geschichte einging und schnell Erfolg hatte. 1971 feierte Dresden die erste DDR-Meisterschaft seit 18 Jahren, der bis 1978 vier weitere folgen sollten. Unter Fritzschs Regie gewann die Mannschaft aber auch zweimal den FDGB-Pokal und stieß dreimal ins Viertelfinale des Europapokals der Landesmeister vor.

In diesem Wettbewerb fanden 1973 auch die beiden unvergessenen Duelle mit dem westdeutschen Vertreter Bayern München statt. Der Stasi war das erste deutsch-deutsche Aufeinandertreffen dieser Art die Aktion „Vorstoß und einen abstrusen Sicherheitsaufwand wert, während sich die Fußball-Fans an zwei spektakulären Spielen mit insgesamt 13 Toren erfreuten. Dass die Bayern am Ende knapp die Oberhand behielten, (4:3-Sieg in München, 3:3 in Dresden) änderte nichts daran, dass sich Dynamo künftig ebenfalls zur TOP 10 des europäischen Fußballs zählen durfte.

In der zweiten Hälfte der 80er Jahre konnte Fritzschs ehemaliger Leistungsträger Eduard „Ede“ Geyer noch einmal an die alten Erfolge anknüpfen. Die Titelsammlung des „kleinen Generals“ erreichte er allerdings nicht.

Trotzdem tat sich der Verein lange schwer mit seinem erfolgreichsten Trainer, der auch Ausnahmetalente wie Matthias Sammer, Hans-Uwe Pilz oder Ulf Kirsten begleitet hatte. Der Journalist Jochen Leimert wusste zu berichten, dass der Meistertrainer schließlich nicht einmal mehr eine Jahreskarte bekam. Doch auch diese Zeiten änderten sich wieder. Im Sommer 2020 wurde Dynamos Trainingszentrum unter dem Namen Walter-Fritzsch-Akademie eröffnet.


Text: Thorsten Stegemann
Bild: Dynamo-Trainer Walter Fritzsch mit seinen Spielern Hans-Jürgen Kreische (l.), Rainer Sachse und Dixie Dörner (r.) im Jahr 1971 © Hans Peters / Anefo, Nationaal Archief – the Dutch National Archives, CC0 1.0