Er war anderthalb Jahre Cheftrainer der Lila-Weißen und ein paar Monate Übungsleiter bei Schalke 04. Doch seine Lebensaufgabe fand er außerhalb des deutschen Fußballbetriebs. Mehr als drei Jahrzehnte war Karl-Heinz Marotzke als FIFA-Entwicklungshelfer vor allem in Afrika unterwegs. Heute wäre er 90 Jahre alt geworden.

Karl-Heinz Marotzke wurde 1934 in Stettin geboren, verlor den Vater und zwei Brüder im Zweiten Weltkrieg und wuchs nach einer dramatischen Flucht bei der Mutter und den Großeltern in Schleswig-Holstein auf. Nach dem Abitur ging er an die Sporthochschule Köln und fand in Sepp Herberger und Hennes Weisweiler „die besten Lehrer, die man sich nur wünschen kann.“ Gleichzeitig studierte er an der Universität aber auch noch Geschichte und Erdkunde.

Mehrgleisig ging es weiter. Marotzke wurde für ein Jahr Trainer in Island und coachte dann eine Reihe von Amateurvereinen, ehe er beim damals zweitklassigen Regionalligisten Hamborn 07 anheuerte. Aus dem Duisburger Norden wechselte er im Sommer 1964 zum VfL Osnabrück. Mit ihm fand ein wegweisender Neuzugang zur Bremer Brücke – bis 1967 war Günter Pröpper Publikumsliebling und Torgarant der Lila-Weißen. Für Karl-Heinz Marotzke lief es weniger gut. Am Ende der Regionalliga-Saison 64/65 stand nur Platz 10 zu Buche und als seine Mannschaft am 16. Januar 1966 eine 0:9-Klatsche beim FC St. Pauli kassierte, setzte ihm Friedel Schwarze den Stuhl vor die Tür. Doch der junge Übungsleiter, der neben seiner Trainertätigkeit als Lehrer an der Möserrealschule gearbeitet hatte, fand schnell neue Aufgaben.

Marotzke war als Sportdozent in Köln tätig, coachte den niederländischen Erstligisten, aus dem später Fortuna Sittard hervorging und wurde dann Trainer des Bundesligisten Schalke 04. Allerdings nur für 136 Tage. Nach einer 1:2-Niederlage gegen Borussia Dortmund war sein Engagement beendet, doch auch diesmal zögerte der Diplom-Sportlehrer nicht, ein völlig neues Kapitel aufzuschlagen. Er wechselte den Kontinent und qualifizierte sich mit Ghana 1968 und 1972 und mit Nigeria 1976 gleich dreimal für die Olympischen Spiele.

Der später heftig umstrittene FIFA-Präsident Sepp Blatter vertraute Marotzke, der neben Englisch auch Französisch und Spanisch sprach, schließlich die Entwicklungsprogramme für die afrikanischen Länder an. Doch auch dieser Kontinent wurde ihm bald zu klein. „Ich habe in 168 Ländern für die FIFA Kurse zu den Themenbereichen Training, Fußballadministration, Schiedsrichterwesen und Sportmedizin abgehalten“, rechnete Marotzke der Zeitung „RevierSport“ im Jahr 2014 vor. Und durch politische Umbrüche seien das mittlerweile sogar 192 Länder.

Zwischendurch arbeitete Marotzke, der die nigerianische Hauptstadt Abuja zu seinem Wohnsitz machte, auch noch als Nationaltrainer von Botswana. Außerdem war er bis ins hohe Alter als Stadioninspekteur für die FIFA aktiv. Karl-Heinz Marotzke starb am 28. Juli 2022 im Alter von 88 Jahren.


Text: Thorsten Stegemann

Bild: Karl-Heinz Marotzke im September 1967 auf der Trainerbank von Schalke 04 © IMAGO / Ferdi Hartung