Am Mittwochabend siegte der VfL im Nachholspiel beim MSV Duisburg mit sage und schreibe 6:3. Es war der höchste Sieg seit dem 6:1 gegen den Chemnitzer FC im Februar 2018. Bei aller berechtigten Freude mischte sich aber auch eine Spur Selbstkritik in die Spielanalysen von Spielern und Trainer. Unser Nachbericht.

Mit 2:1 (Tore Klaas (8.) und Simakala (27.) ging es für den VfL in die Pause, die erste Halbzeit hatten die Lila-Weißen weitgehend beherrscht, sich immer wieder tolle Aktionen nach vorn erspielt und im Mittelfeld die Räume klein gemacht und den Kampf angenommen. Das Anschlusstor hatte Stoppelkamp nach weiter Flanke von links und sehenswerten Weitergaben von Bouhaddouz und Yeboah aus kurzer Distanz erzielt (13.).

Die Bedeutung der Partie war im Vorfeld ja auch klar gewesen: Mit möglichen drei Zählern aus dem Nachholspiel war der Anschluss an die oberen Plätze hergestellt und außerdem die magische Zahl von 40 Punkten geknackt, die im Hinblick auf jegliche Abstiegsängste Sicherheit herstellt.

Die VfL-Profis hatten dies am Mittwochabend beeindruckend verinnerlicht und kamen wie die Feuerwehr aus der Halbzeitpause. Erst kam Sven Köhler durch einen trockenen Flachschuss aus rund 8 Metern (47.) zu seinem zweiten Saisontreffer und nur 5 Minuten später erhöhte Kapitän Marc Heider nach feinem Zuspiel von Sebastian Klaas gar auf 4:1.

Das Spiel „fühlte“ sich entschieden an, brachen die Hausherren in dieser Phase offensichtlich doch ein wenig auseinander.

Aber an diesem Abend war die „Messe“ noch nicht gelesen, was sich der VfL selbst zuschreiben musste: In der 62. Minute segelte ein hoher Ball von rechts in den Osnabrücker Strafraum, Stoppelkamp nahm ihn seitlich volley, Beermann fälschte noch ab, nur noch 2:4. Der VfL verlor im Anschluss für Minuten den Faden: Der MSV kam erneut über links, Hettwer zog auf und davon, setzte eine maßgenaue Flanke in den Rücken der Abwehr und Bouhaddouz traf per Direktschuss zum 3:4 (71.).

Echte Unruhe oder Nervösität war dem VfL an diesem Abend allerdings nicht anzumerken, eher wilde Entschlossenheit. Ein Konter, erneut von Klaas eingeleitet, sorgte endgültig für klare Verhältnisse: Nach Opokus Rechtsflanke kam Kunze in halblinker Position an den Ball und traf hoch ins lange Eck zum 5:3 (82.). Der zuvor eingewechselte Bapoh war einen Wimpernschlag davor gar elfmeterwürdig gefoult worden, aber Schiri Winter hatte bei Kunzes Schuss keine Zeit, seine Pfeife einzusetzen, da zappelte der Ball schon im Netz. Den Schlusspunkt setzte Felix Higl in der 94. Minute nach Flanke von Manuel Haas trickreich aus kurzer Distanz.

Wer in den Statements nach dem Spiel ausschließlich Zufriedenheit erwartet hätte, wurde enttäuscht: „Wir machen es nach der Halbzeit zu spannend, was schade ist. Beim 4:3 bleiben wir aber klar und machen mit dem 5:3 alles klar. Die Tore sind zu leicht gefallen, was mich sauer macht, denn wir hätten noch etwas für unser Torverhältnis tun können. Aber klar, das ist heute auch Meckern auf hohem Niveau. So einen Spielverlauf wünscht man sich aber auch nicht. Beim 4:1 muss eigentlich der „Deckel“ drauf sein, das war heute nicht der Fall, weil wir Duisburg wieder haben ins Spiel kommen lassen. Das darf uns einfach nicht passieren“ bilanzierte Marc Heider nach der Partie.

„Nach der Pause hatten wir das Spiel eigentlich für uns entschieden, gefühlt hatten wir alles im Griff. Dann holen wir Duisburg wieder ins Spiel, man kann das nicht erklären. Es war eine komische Stimmung auf dem Platz, man hat vielleicht etwas Angst, etwas zu verlieren. Ohne Grund eigentlich. Am Ende haben wir es aber souverän zu Ende gespielt. In dieser Phase der Saison sind Siege einfach wichtig. Wir wollten im Flow bleiben, das ist uns gelungen. Am Samstag wollen wir da weitermachen“, fasste Sven Köhler das Spiel zusammen.

„In der Halbzeit haben wir uns auf das dritte Tor eingeschworen, um heute etwas mitzunehmen. Mit dem 4:1 denkst Du, dass das Ding durch ist. Aber Duisburg hat gegen Saarbrücken schon gezeigt, dass immer mit ihnen zu rechnen ist. Auf einmal kippt dann so ein Spiel, weil wir bei zwei Einwurfsituationen nicht richtig da sind und den Faden verlieren. Da war es wichtig, wieder eine Struktur reinzukommen, mit dem Ball kontrolliert nach vorn zu spielen, was wir dann beim 5:3 und 6:3 auch ordentlich geschafft haben. Wir sind insgesamt zufrieden und ich bin stolz auf die Mannschaft. Die zweite englische Woche hintereinander kostet enorm Kraft. Heute dann so zu marschieren, davor ziehe ich meinen Hut“, so VfL-Cheftrainer Daniel Scherning während der Pressekonferenz.

Es war übrigens der erste Osnabrücker Sieg in Duisburg seit über 36 Jahren: Zuletzt hatte der VfL hier am 22. Oktober 1985 gewonnen, damals mit 1:0.

Mit nun 40 Punkten und einem Torverhältnis von +12 klettert der VfL auf den 4. Tabellenplatz, ist punktgleich mit Eintracht Braunschweig auf Platz 3, die allerdings noch ein Spiel weniger auf dem Konto haben, sowie Saarbrücken und Meppen auf Platz 5 und 6.

Die zweite englische Woche hintereinander findet am kommenden Samstag mit dem Heimspiel gegen Türkgücü München ihren Abschluss. Anpfiff ist um 14 Uhr.

Text: René Kemna
Bild: osnapix.de