1912 feierte Holstein Kiel den größten Erfolg seiner Vereinsgeschichte. Im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft schlugen die Kickers aus dem hohen Norden den Karlsruher FV mit 1:0.

1910 war Kiel bereits dicht dran: Nachdem sich die Schleswig-Holsteiner für die Endrunde um die Deutsche Fußballmeisterschaft qualifiziert hatten, überrollten sie zunächst zwei Berliner Titelaspiranten. Der FC Preussen wurde mit 4:1 geschlagen, Tasmania hatte beim 6:0 nicht den Hauch einer Chance. Nur im Endspiel behielten die Topfavoriten des Karlsruher FV, die von dem englischen Fußballpionier William Townley (1866-1950) trainiert wurden, knapp die Oberhand. Der Verein, der heute nur noch in der Kreisklasse spielt, gewann das Finale in der Verlängerung durch einen verwandelten Strafstoß mit 1:0.
1911 nahmen die Schleswig-Holsteiner den nächsten Anlauf. 3:1 hieß es im Viertelfinale gegen den Duisburger SpV, doch in der Runde der letzten vier revanchierte sich der Berliner TuFC Viktoria 89 für seine im Vorjahr deklassierten Stadtrivalen (4:0).
Ein Jahr später versuchten es die Nordlichter zum dritten Mal. Nach einem erneuten Sieg gegen den Berliner FC Preussen (2:1) und einem knappen 2:1 (n.V.) gegen den Vorjahresmeister BFC Viktoria traf Kiel am 26. Mai 1912 erneut auf den Karlsruher FV, der immerhin acht Nationalspieler in seinen Reihen hatte.
10.000 Zuschauer wollten das Finale auf dem Sportplatz Hoheluft in Hamburg sehen, wo sich die technisch versierten Badener einem immer stärker aufspielenden Kontrahenten gegenübersahen. Als Kurt Hüber Kiels Halbstürmer Willi Fick zu Fall brachte, entschied der Unparteiische auf Strafstoß. Ernst Möller ließ sich die Chance nicht entgehen und bescherte seinem Klub den ersten und einzigen Meistertitel nebst Victoria-Trophäe und opulentem Lorbeerkranz.

Wie ging es weiter?

Holstein Kiel blieben die ganz großen Erfolge in Zukunft verwehrt, doch die Störche spielten auch in den kommenden Jahrzehnten eine wichtige Rolle im deutschen Fußball. Sie wurden mehrfach Norddeutscher Meister und Pokalsieger und erreichten 1930 noch einmal das Finale um die Deutsche Meisterschaft, das Hertha BSC Berlin im Düsseldorf Rheinstadion allerdings mit 5:4 für sich entscheiden konnte.
Trotzdem blieben die Kieler erstklassig und waren durch die Mitgliedschaft in der Gauliga Nordmark (1933-42), der Gauliga Schleswig-Holstein (42-45) oder der Oberliga Nord (47-63) in der jeweils höchsten deutschen Spielklasse vertreten. Als die Qualifikation für die neu gegründete Bundesliga misslang, spielte Holstein Kiel elf Jahre lang in der zweitklassigen Regionalliga Nord. Die Teilnahme an der zweigleisigen 2. Fußball-Bundesliga wurde 1974 knapp verpasst, doch die Kicker aus dem hohen Norden kehrten noch einmal ins Fußball-Unterhaus zurück.
Nach drei Jahren in Liga 2 ging es zurück in die Drittklassigkeit und 1996 stieg Holstein Kiel dann sogar in die 4. Liga ab. Ein Tiefpunkt, der sich zum 100. Geburtstag im Jahr 2000 und auch 2007 und 2010 noch dreimal wiederholte.
Doch seit 2013 zeigt die Tendenz wieder deutlich nach oben. In diesem Jahr gelang die Rückkehr in die 3. Liga, der 2017 der Aufstieg in die 2. Bundesliga folgte.

Bild: Holstein Kiel gewinnt 1912 die Deutsche Meisterschaft. Bildquelle: NDR – Rechteinhaber: unbekannt.

Autor: Thorsten Stegemann