9. Juni 1968: 60.000 Zuschauer fiebern im Südweststadion von Ludwigshafen einem ungleichen Duell entgegen. Im Finale des DFB-Pokals stehen sich der zweitklassige VfL-Bochum und der 1. FC Köln, seines Zeichens Tabellenvierter der Fußball-Bundesliga, gegenüber. David gegen Goliath also. Doch dieser David hat schon einige Goliaths zur Strecke gebracht.

Vor mehr als einem halben Jahrhundert mussten sich die damals zweitklassigen Regionalligisten auf Verbandsebene für den DFB-Pokal qualifizieren. Der Osnabrücker VfL scheiterte frühzeitig an Arminia Hannover, doch sein Bochumer Namensvetter bezwang nach Wattenscheid 09 auch den TSV Marl-Hüls, Marathon Remscheid und Schwarz-Weiß Essen und qualifizierte sich so für die 1. Runde, an der 32 Erst- und Zweitligisten teilnahmen.

1968 wurde es dann ernst. In der 1. Runde gab der Karlsruher SC seine Visitenkarte im Ruhrgebiet ab, doch die Schützlinge von Trainer Hermann Eppendorf hatten die besseren Nerven und besiegten den späteren Bundesliga-Absteiger mit 3:2. Vier Wochen später kam Besuch vom VfB Stuttgart, aber auch die Schwaben schossen ein Tor weniger als die Gastgeber (2:1 für Bochum).
Dabei ging es ihnen noch besser als dem Starensemble von Borussia Mönchengladbach, dem im Viertelfinale überhaupt kein Treffer gelang. Bochum spielte erneut vor eigenem Publikum und gewann mit 2:0.

Im Halbfinale sagte sich dann der nächste übermächtige Gegner an. Im Stadion an der Castroper Straße schickte Bayern Münchens Coach Tschik Čajkovski u.a. Sepp Maier, Georg Schwarzenbeck, Franz Beckenbauer und Gerd Müller ins Rennen. Vergeblich, denn die Hausherren gingen schon in der 5. Minute durch ein Tor von Jürgen Jansen in Führung. Werner Balte erzielte nach dem Seitenwechsel das 2:0 – Rainer Ohlhauser gelang in der 90. Minute nur noch der Ehrentreffer für den haushohen Favoriten.

Späterer Osnabrück-Trainer entscheidet Pokal-Finale

Der Ruhrpott kochte und schickte eine lange Karawane in den Südwesten. 15.000 Fans begleiteten den blau-weißen VfL nach Ludwigshafen, in fünf Sonderzügen wurden laut Berechnung der Vereinsarchivare auch 28.800 Bierdosen und 2.000 Schnitzel transportiert.

Für die finale Siegesfeier wurden sie allerdings nicht gebraucht, denn im Endspiel ließen die mehrfach vorgewarnten Kölner wenig anbrennen. Zwar konnte Bochums Karl-Heinz Böttcher den ersten Rückstand durch ein unglückliches Eigentor noch egalisieren. Doch Carl-Heinz Rühl, viele Jahre später Cheftrainer der Lila-Weißen, brachte die Geißböcke mit zwei Treffern auf die Siegerstraße, ehe Hannes Löhr den 4:1-Endstand markierte.

Obwohl die ganz große Überraschung am Ende ausblieb, wurden die Blau-Weißen begeistert gefeiert. Zehntausende säumten die Straßen, als die Bochumer von ihrem Pokalabenteuer heimkehrten.
Genau 20 Jahre später stießen die Kicker aus dem Ruhrpott noch einmal ins Finale vor. Aber auch diesmal blieb ihnen nur der 2. Platz. Eintracht Frankfurt gewann mit 1:0.

Text: Thorsten Stegemann
Bild: Bochums Karl-Heinz Böttcher erzielt im Pokalfinale gegen Köln den zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich – imago images / Horstmüller