9. Juni 1991: Zwei Spieltage vor Saisonende steht der VfL auf einem Abstiegsplatz. Fast schon Gewohnheit in einer weitgehend verkorksten Saison. Nun kommt ausgerechnet der SV Meppen, dem es nicht viel besser geht.

Das Team von Rainer Persike hat zwei Punkte mehr gesammelt als die Osnabrücker, kann bei einer Niederlage an der Bremer Brücke aber selbst noch einmal Richtung Tabellenkeller rutschen. Doch danach sieht es zunächst nicht aus. Schon in der 6. Minute setzt Robert Thoben seinen Mannschaftskollegen Josef Menke in Szene, der aus neun Metern das 1:0 erzielt. Nur drei Minuten später schlägt die Antwort der Osnabrücker hinter Meppens Keeper Manfred Kubik ein. Ralf Heskamp tritt zum Freistoß an und findet Claus-Dieter „Pele“ Wollitz, dessen sehenswerter Volleyschuss im langen Eck landet.

Zwei Drittel der 15.000 Zuschauer hoffen nun auf einen Sturmlauf der Lila-Weißen, doch das nächste Tor gelingt wieder den starken Gästen. Nach einer guten halben Stunde schiebt Thoben den Ball selbst über die Linie, die Osnabrücker haben schließlich Glück, dass sie beim Pausenpfiff nur mit 1:2 zurückliegen.

Doch mit dem Seitenwechsel wendet sich das Blatt allmählich. Die Hausherren kommen wieder besser ins Spiel und nach einer Ecke von Wollitz und einem Kopfball von Dirk Lellek zum eminent wichtigen Ausgleich (67.). Gut 20 Minuten sind jetzt noch zu spielen. Ein Remis würde die Entscheidung über Abstieg oder Klassenerhalt immerhin vertagen, zumindest wenn es in Darmstadt beim 1:1 gegen Waldhof Mannheim bleibt.

Doch taktische Überlegungen spielen nun keine Rolle mehr. Die Partie wogt hin und her, die endgültige Entscheidung liegt in der Luft, es läuft die letzte Spielminute, da erkennt Schiedsrichter Edgar Steinborn auf Freistoß für den VfL. Es folgen wütende Proteste der Emsländer, doch einer lässt sich von dem Tumult nicht aus der Ruhe bringen. 22 Meter von Manfred Kubik entfernt legt sich Pele Wollitz den Ball zurecht – sein Freistoß landet im Winkel des Meppener Tores.

Danach ist Schluss. Aber noch nicht ganz. Auf und am grünen Rasen spielen sich tumultartige Szenen ab, Meppens Chefcoach schickt lieber seinen Assistenten Hubert Hüring zur Pressekonferenz und VfL-Trainer Rolf Grünther bedankt sich an höchster Stelle: „Der liebe Gott war bei uns“.
Und außerdem gibt es da ja noch einen Spieltag zu absolvieren. Der VfL rangiert weiter auf einem Abstiegsplatz, ist nun aber punktgleich mit dem SV Meppen und Darmstadt 98. Die Lila-Weißen müssen beim designierten Absteiger Havelse antreten, die Lilien reisen zum Meister Schalke 04 und Meppen hat Heimrecht gegen Hannover 96.

5.000 Fans begleiten den VfL nach Havelse und sehen einen souveränen 5:1-Erfolg ihrer Mannschaft, die damit nicht nur über den Strich klettert, sondern sogar noch Rot-Weiß Essen hinter sich lässt. Auch Meppen bleibt nach einem 1:1-Unentschieden in der 2. Bundesliga. Darmstadt hält in Gelsenkirchen lange ein 0:0, doch 12 Minuten vor dem Ende trifft Aleksandr Borodyuk für den künftigen Bundesligisten zum 1:0.

Mit Münster, Havelse und Schweinfurt wären die Lilien am Ende dieser aufreibenden Saison in die Amateurliga abgestiegen. Aber auch das war noch immer nicht das Ende der Geschichte. Der vierte Absteiger wurde letztlich am grünen Tisch bestimmt. Rot-Weiß Essen verlor die Lizenz und musste den Gang in die Drittklassigkeit antreten.

Text: Thorsten Stegemann
Bild: Heese / Neue Osnabrücker Zeitung