Knapp 5.000 Zuschauer fanden am 26. Juli 1992 den Weg zur Bremer Brücke. Gegen den starken Aufstiegsaspiranten Waldhof Mannheim rechneten sich die Lila-Weißen wohl keine große Chancen aus. Um 16.30 Uhr wurde dann trotzdem eine „La Ola“-Welle zelebriert, denn der VfL hatte gerade einen der höchsten Siege seiner Zweitligageschichte gefeiert.

Die Saison 1992/93 war in jeder Hinsicht eine Spielzeit der Superlative. Im Vorjahr hatte der DFB die beiden höchsten Ligen durch Teams aus der ehemaligen DDR aufgestockt, nun sollte der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt werden. Für die 2. Liga, in der sich 24 Mannschaften tummelten, bedeutete das: 46 Spieltage, drei Aufsteiger und sage und schreibe sieben Absteiger.

Waldhof Mannheim hatte unter Cheftrainer Klaus Toppmöller ein Team versammelt, das um den Aufstieg mitspielen wollte und mindestens als Geheimfavorit galt. Vor dem finnischen Nationaltorwart Kari Laukkanen agierten eine Reihe namhafter Spieler wie Roland Dickgießer, Torsten Wohlert, Norbert Nachtweih, Uwe Weidemann oder Jörg Kirsten.

Der VfL hatte für die Mammutaufgabe ein knappes Dutzend neuer Akteure verpflichtet, doch im Team von Hubert Hüring stimmte die Mischung nur in den ersten Monaten. Auch an diesem besonderen Nachmittag hätte das Spiel schon in Durchgang 1 eine andere Wendung nehmen können, wenn die Querlatte und der reaktionsschnelle VfL-Keeper Miroslav Dreszer einen Mannheimer Treffer nicht verhindert hätten.

So aber lief alles für die Lila-Weißen, die durch einen Kopfball von Andreas Golombek in der 20. Minute in Führung gingen. Wenig später sah Waldhof-Kapitän Roland Dickgießer die gelb-rote Karte, mit dem Pausenpfiff erhöhte Thomas Grether auf 2:0. Die Freude über sein erstes Saisontor dauerte allerdings nicht lange, denn drei Minuten nach dem Seitenwechsel sah auch der Osnabrücker Gelb-Rot.

Als in der 74. Minute auch noch Thomas Lasser vom Platz flog, stand es bereits 3:0. Claus-Dieter „Pele“ Wollitz hatte auf dem Weg zum dritten Treffer sowohl Mannheimer Abwehrspieler als auch Kari Laukkanen hinter sich gelassen und war dabei offenbar auf den Geschmack gekommen. Auch das 4:0 dribbelte Wollitz ins Tor der Gäste, ehe Gerrit Meinke (der in dieser Saison 45 von 46 möglichen und damit die meisten Einsätze aller Osnabrücker absolvieren sollte) fünf Minuten vor dem Ende einen weiteren Treffer folgen ließ. Der Schlusspunkt war allerdings Pele Wollitz vorbehalten, der per Foulelfmeter zum 6:0-Endstand traf.

Diesem denkwürdigen Spiel folgten noch 41 weitere – darunter das Wiedersehen in Mannheim, das Waldhof mit 3:0 für sich entschied. Am Ende der Saison standen aber beide Kontrahenten mit leeren Händen da. Dem VfL fehlten zwei Zähler zum Klassenerhalt und Mannheim drei zum Aufstieg.


Text: Thorsten Stegemann
Bild: Pele Wollitz, hier im Spiel gegen Wolfsburg, steuerte drei Treffer zum 6:0-Sieg gegen Mannheim bei. © IMAGO/Rust