So grandios der Aufstiegskrimi gegen Union Berlin war – so tief saß der Frust in der Zweitligasaison 2000/01. 28 Spieltage lang schoben sich die Lila-Weißen von einem Abstiegsrang auf den anderen. Das rettende Ufer blieb zwar in Sicht, doch den entscheidenden Sprung verpassten die Lila-Weißen immer wieder. Als am 16. April 2001 der Tabellenführer und Aufstiegsfavorit aus Nürnberg an der Bremer Brücke auftauchte, machten sich selbst Berufsoptimisten keine allzu große Hoffnungen. Doch am Ende fand der Flutlicht-Mythos neue Nahrung.

Im Tor der Gäste stand an diesem Abend eine echte Legende: Andreas Köpcke, 59-facher Nationalspieler, Fußball-Europameister und mittlerweile 39 Jahre alt, hatte seine Karriere bei Holstein Kiel begonnen und in seinem ersten Profieinsatz am 31. Mai 1980 einen 7:1-Erfolg gegen den VfL gefeiert.

21 Jahre später dauerte es nur 12 Minuten, bis Köpcke hinter sich greifen musste. Die Lila-Weißen, die sich zuletzt auch gegen St. Pauli und Alemannia Aachen als Frühstarter betätigt hatten, nutzten einen Ballverlust der Gäste, Daniel Thioune bediente Cristian Claaßen und schon stand es 1:0 für die Osnabrücker. Dass ein direkter Freistoß des schussgewaltigen Jacek Krzynowek fünf Minuten später im gegenüberliegenden Kasten landete, trübte die Stimmung nur kurz, denn die Lila-Weißen spielten weiter mutig nach vorn und hatten durch Claaßen, Thioune oder Ansgar Brinkmann gute Möglichkeiten, erneut in Führung zu gehen.

Kurz vor dem Halbzeitpfiff sorgte ein weiterer VfL-Angriff dann für das vorzeitige Ende einer großen Karriere. Andreas Köpcke warf sich einmal mehr in das wilde Getümmel vor seinem Tor, erwischte den Ball aber nur noch außerhalb des Strafraums. Schiedsrichter Mike Pickel zeigte dem Routinier die rote Karte, Köpcke kehrte erst am 34. Spieltag, als der Aufstieg schon in trockenen Tüchern war, ein letztes Mal ins Tor der Nürnberger zurück.

Gegen zehn Franken taten sich die Lila-Weißen schwer. Der neue Keeper Darius Kampa hatte kaum Gelegenheit sich auszuzeichnen und manch einer der 16.000 Zuschauer hatte sich bereits mit dem Remis abgefunden, das gegen die von Klaus Augenthaler trainierte Spitzenmannschaft schließlich auch aller Ehren wert war. Doch in der 90. Minute segelte noch ein Eckball in den Nürnberger Strafraum. Wieder sprang Christian Claaßen höher als Mit- und Gegenspieler und diesmal kreuzte auch noch Wolfgang Schütte die Flugbahn des Balles, der unter dem Jubel der restlos begeisterten Fans endlich den Weg über die Linie fand.

Für beide Kontrahenten hatte der 16. April nur kurzfristige Folgen. Nürnberg stieg trotz der Niederlage souverän in die Bundesliga auf. Der VfL konnte am 29. Spieltag zwar erstmals die Abstiegsplätze verlassen, verlor dann aber drei Spiele in Folge gegen LR Ahlen, Waldhof Mannheim und den SSV Reutlingen 05. Der 4:1-Erfolg gegen die Stuttgarter Kickers und das 2:2 beim MSV Duisburg reichten dann nicht mehr zum Klassenerhalt.


Text: Thorsten Stegemann

Foto: v.l.n.r.: Daniel Thioune, Christian Claaßen und Dennis Weiland © Imago / pmk