Die Jahreshauptversammlung wurde entgegen der ursprünglichen Planung aufgrund der zu erwartenden Teilnehmerzahl kurzfristig örtlich verlegt. Insgesamt haben sich am Dienstagabend 487 stimmberechtigte Mitglieder im Alando Ballhaus eingefunden. Die hohe Beteiligung ist mutmaßlich auf zwei Gründe zurückzuführen, einerseits hat sich die Mitgliederzahl seit dem 17. April auf 8.000 verdoppelt, andererseits sorgte die Veränderung auf der Trainerposition für nachvollziehbare Emotionen unter den Mitgliedern.

Abseits der Tagesordnung: der Trainerwechsel

Deshalb haben Präsident Holger Elixmann, der als Versammlungsleiter gewählt wurde, in seiner parallelen Funktion als Beiratsvorsitzender gemeinsam mit Geschäftsführer Dr. Michael Welling abseits der Tagesordnung direkt nach Gedenken, Ehrungen und formalen Abstimmungen Stellung bezogen zum Trainerwechsel, der nicht nur viele Mitglieder bewegt hat. Zur Erläuterung der Popularität von Tobias Schweinsteiger resümierte Elixmann die Erfolge von Trainerteam und Mannschaft der vergangenen Monate bis hin zu „90 plus 6“ und Rathausplatz. „Wahrscheinlich haben wir alle auf diesem Höhepunkt Fehler gemacht, gewisse Entwicklungen falsch eingeschätzt“, so Elixmann. Die Begründung zur Freistellung sei, und so führte der Präsident die Spiele der laufenden Saison aus, einerseits die sportliche Situation mit sieben Punkten aus 13 Spielen und den teils enttäuschenden Auftritten. Die Entscheidung sei schmerzhaft für alle Beteiligten gewesen, aber eben auch einstimmig getroffen worden.

Michael Welling ergänzte: „Es war eine unpopuläre Entscheidung, aber ich würde sie mit den Erkenntnissen erneut wieder so treffen. Wir sind nicht berufen oder gewählt, um einfache Entscheidungen zu treffen, sondern um Verantwortung für den VfL zu übernehmen. Nicht die öffentliche Meinung war und ist handlungsleitend, relevant waren die uns vorliegenden Informationen mit den drei relevanten Fragen: ob der Trainer selbst die notwendige Überzeugung in der aktuellen Situation hat, ob die Mannschaft an die personelle Konstellation und die vermittelten Inhalte glaubt sowie ob eine Veränderung auf der Trainerposition mit einem neuen Impuls die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg erhöht.“ Dennoch seien die Fehler auf mehrere Schultern zu verteilen, sie seien nicht nur beim Trainer zu suchen und schon gar nicht im Detail zu explizieren. Deswegen sei auch die Suche nach einem Geschäftsführer Sport eine zweite wesentliche Entscheidung.

Berichte von F wie Fanabteilung bis T wie Tischtennis

Das Trainer-Thema brannte den Mitgliedern unter den Nägeln, entsprechend nahm die Aussprache berechtigten zeitlichen Raum ein. Infolgedessen fielen andere Tagesordnungspunkte möglicherweise etwas kürzer aus – so beispielsweise der Bericht des Präsidiums, den Holger Elixmann anhand einer Bildergalerie skizzierte. Ein kurzer Ausblick auf das bevorstehende Jubiläumsjahr zum 125. Vereinsgeburtstag durfte nicht fehlen. Auch das Museum (vertreten durch Peter Scharmacher), die Fanabteilung (Benjamin Wischmeyer), die Fußballabteilung (Michael Wernemann), die Gymnastikabteilung (Waltraud Glandorf Krämer), die Schwimmabteilung (Harry Krogull) und Tischtennisabteilung (Ralf Wöstmann) berichteten von zurückliegenden und aktuellen Projekten sowie der wirtschaftlichen Ergebnisse und Planungen. Nahezu jede Abteilung konnte aufgrund der erfolgreichen Mitgliedergewinnungskampagne einen enormen Zuwachs verzeichnen.

Finanzwirtschaftliche Kennzahlen

Das vom Wirtschaftsprüfer testierte Jahresergebnis des eingetragenen Vereins, das von Vizepräsident Nikolaus Hahnenkamp vorgetragen wurde, beträgt 17.000 Euro bzw. 9.000 Euro operatives Ergebnis nach steuerlicher Würdigung. Für das Geschäftsjahr 2023/24 plant der Verein, vornehmlich durch die Wirksamkeit der Beiträger der zahlreichen Neumitglieder, mit einem Jahresergebnis von über 200.000 Euro. Dem Vereinspräsidium für das abgelaufene Geschäftsjahr bei sechs Enthaltung und zwei Gegenstimmen mit überwältigender Mehrheit Entlastung erteilt. Auch wurde der Haushaltsplan für das kommende Jahr durch die Mitglieder bewilligt.

Dr. Michael Welling, Geschäftsführer der ausgegliederten Spielbetriebsgesellschaft, blickte in seinem Vortrag bildlich und zahlenbasiert zurück auf das abgelaufene und auf das laufende Geschäftsjahr. Das Aufstiegsjahr wurde bilanziell abgeschlossen mit einer Gesamtleistung von 15,2 Millionen Euro, dem steht ein Aufwand in Höhe von 15,35 Millionen Euro gegenüber. Damit ist ein leichtes Defizit in Höhe von rund 155.000 Euro bzw. 232.000 Euro nach Steuern zu verzeichnen. Das Eigenkapital zum 30. Juni liegt bei 2,1 Millionen Euro. In der Prognose für die Zweitligasaison 2023/34 ist eine Gesamtleistung von 24 Millionen Euro und ein Aufwand in Höhe von 23,4 Millionen Euro, also ein Jahresergebnis von rund 650.000 Euro verzeichnet. Das Eigenkapital wird mit einer Entwicklung auf 2,8 Millionen Euro prognostiziert.

Welling sprach außerdem zum Ausrüsterwechsel in zu Capelli, zum Dauerkartenrekord inklusive Tante Gerhild-Gemeinwohltickets, zum durch den Aufstieg notwendigen Einstieg in den eSport, den Schritt in Richtung Eigenvermarktung, aber auch zu infrastrukturellen Veränderungen an der Brücke. Welling nahm darüber hinaus auch Bezug auf die Gemeinwohlklausel in Arbeitsverträgen und die aufbrandende öffentliche Kritik daran.

Satzungsreform und Wahl in den Ehrenrat

Vizepräsident Christoph Determann berichtete vom Gemeinschaftsprojekt mit der Universität Osnabrück unter der Leitung von Dr. Prof. Lars Leuschner als Experte für Vereinsrecht zur vollständigen Überarbeitung der Vereinssatzung. Das Ergebnis wird zu Beginn des Jahres der Satzungskommission vorgestellt. Dass es hier Handlungsbedarf gibt, zeigt auch ein kurzfristig zurückgezogener Antrag zweier Mitglieder, der sich um die Markenrechte in Bezug auf KGaA und e. V. dreht.

Der Wahlausschuss hat der Versammlung Stephan Kinasch, der sich den Mitgliedern kurz vorstellte und vor einigen Jahren Mitglied im Beirat war, als Kandidat für den Ehrenrat vorgeschlagen. Durch das mehrheitliche Votum der anwesenden Mitglieder komplettiert der 55-Jährige das Gremium.

Nach rund viereinhalb Stunden schloss Holger Elixmann eine Mitgliederversammlung, die in den ordentlichen Tagesordnungspunkten ohne Zwischentöne verlief, zu der aber auch ein emotionaler Austausch rund um den Trainerwechsel gehörte. Dieser verlief stets sachlich sowie konstruktiv und ist deshalb ein Beleg für gelebte Meinungsfreiheit, Demokratie und Mitwirkungsmöglichkeiten von Mitgliedern.


Text: Sebastian Rüther
Fotos: osnapix