Zum ersten Samstagabendspiel der laufenden Saison – gleichzeitig Heimpremiere für den neuen VfL-Trainer Uwe Koschinat – kommt der Tabellenführer der 2. Bundesliga an die Bremer Brücke! Vor dem Duell der Lila-Weißen gegen den FC St. Pauli (9. Dezember, 20.30 Uhr) werfen wir einen Blick auf die Situation am Millerntor.

Acht Tage haben die Kiezkicker Zeit, um sich vom großen Stadtderby zu erholen, das diesmal 2:2 unentschieden endete. Trotz der zwischenzeitlichen 2:0-Führung gegen den HSV kann St. Paulis Cheftrainer Fabian Hürzeler eine phänomenale Zwischenbilanz ziehen. Von den ersten 32 Ligaspielen unter seiner Ägide verlor der FC St. Pauli nur zwei! Außerdem stellt die Mannschaft, die bislang lediglich 13 Gegentreffer kassierte, die mit Abstand beste Abwehr der 2. Bundesliga. Der Tabellenführer hat aber auch eine der torgefährlichsten Offensivabteilungen. 29 Mal trafen die Braun-Weißen bislang ins Schwarze, an knapp der Hälfte der Tore war Mittelfeldstratege Marcel Hartel (7 Tore, 7 Assists) unmittelbar beteiligt.

„Wir haben den Sack nicht zugemacht“

Auch bei genauerer Betrachtung offenbaren Hürzelers Schützlinge derzeit nicht allzu viele Schwächen. Wenn man einmal davon absieht, dass sie aus der optischen Überlegenheit mitunter zu wenig Kapital schlagen. So geschehen zum Beispiel im Rostocker Ostsee-Stadion, wo St. Pauli schon nach 23 Minuten mit 3:1 führte und bis zur Pause noch das eine oder andere Tor hätte nachlegen können. „Speziell vor der Halbzeit waren Möglichkeiten da, um das 4:1 oder 5:1 zu machen“, meinte Fabian Hürzeler im Anschluss und konstatierte: „Wir haben es aber auch in der zweiten Halbzeit nicht geschafft, den Sack zuzumachen.“

Stattdessen kam Rostock zum Anschlusstreffer und beinahe noch zu einem Punktgewinn. Trotz guter Spieldaten – St. Pauli hatte 62% Ballbesitz, spielt über 200 Pässe mehr als Rostock und überbot auch die Laufleistung der Gastgeber um fast 7 Km – stand der Auswärtssieg am Ende auf des Messers Schneide. Einen ähnlichen Verlauf – nun mit tatsächlichem Punktverlust – nahm übrigens am vergangenen Freitag das Stadtderby gegen den Hamburger SV.

Taktisches

Ein schnörkelloses 3-4-3-System bescherte St. Pauli sieben von neun möglichen Punkten aus den letzten drei Auswärtsspielen in Paderborn, Elversberg und Rostock. Die Dreierkette, die zweimal von Mets, Wahl und Dzwigala und einmal von Mets, Smith und Wahl gebildet und bei Bedarf verstärkt wurde, agierte in allen Fällen solide, war bei insgesamt vier Gegentreffern aber auch nicht unüberwindbar. Da die Kiezkicker in den genannten Fällen immer mindestens so viele Tore wie ihre Gegner erzielten, muss das Augenmerk aber natürlich auch der Offensive gelten, insbesondere St. Paulis besten Torschützen Marcel Hartel (7 Treffer) und Johannes Eggestein (6) sowie dem agilen Rechtsaußen Oladapo Afolayan. Mit Etienne Amenyido und Simon Zoller stehen überdies zwei Ex-VfLer im Kader der Gäste.

Lila-Weiß gegen Braun-Weiß

Deutlich über 80 Duelle seit dem Zweiten Weltkrieg zeigen eine relativ ausgeglichene Bilanz zwischen den beiden Traditionsvereinen. Auch in der letzten Zweitliga-Saison 2020/21, in der beide Kontrahenten aufeinandertrafen, verschaffte sich keiner einen klaren Vorteil. Der VfL gewann am Millerntor durch ein spätes Tor von David Blacha. St. Pauli revanchierte sich an der Bremer Brücke, wo Guido Burgstaller und Omar Marmoush für die Gäste trafen, ehe Marc Heider noch ein Treffer für die Lila-Weißen gelang.


Text: Thorsten Stegemann

Bild: Osnapix